Ikone

Um zu verstehen, was eine Ikone ist (“eikon“ – aus dem Griechischen. Bild, Abbild), muss man in die Heiligen Schriften schauen.

Während der damaligen Zeit waren die heidnischen Religionen voller Bilder von falschen heidnischen Göttern (Götzen). Im Alten Testament verbot Gott die Erschaffung jeglicher Bilder des Göttlichen, weil Er sich den Menschen noch nicht in sichtbarer Weise offenbart hatte. Gott warnte Sein Volk vor dem Götzendienst und gab die Gebote:

„Ich bin der Herr, dein Gott, der dich aus dem Land Ägypten geführt hat, aus dem  Sklavenhaus. Du sollst keine anderen Götter haben neben Mir. Du sollst dir kein Gottesbild machen und keine Darstellung von irgendetwas am Himmel droben, auf der Erde unten oder im Wasser unter der Erde. Du sollst dich nicht vor anderen Göttern niederwerfen und dich nicht verpflichten, ihnen zu dienen … „ (Exodus 20.2-5).

In dem Wissen, dass der Mensch ein sichtbares Abbild des Göttlichen haben möchte, warnte der Herr in diesen Geboten das Volk vor der Darstellung des Schöpfers im sichtbaren Abbild von etwas, das von Ihm „im Himmel oben, auf der Erde unten, im Wasser unter der Erde“ geschaffen wurde.

Als die Zeit kam und der Sohn Gottes auf die Erde kam, verkörpert von der Allerheiligsten Gottesgebärerin in einem menschlichen Körper, konnten die Menschen zum ersten Mal Gott in Seiner für die menschliche Wahrnehmung zugänglichen Erscheinung sehen und anschließend darstellen.

„Niemand hat Gott je gesehen; der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist, der hat es uns verkündigt “ (Johannes 1,18). Als der Apostel Philippus den Herrn Jesus Christus fragte: „Herr, zeig uns den Vater“, antwortete Christus: „Wie lange bin Ich bei dir und du kennst Mich nicht, Philippus? Wer Mich gesehen hat, hat den Vater gesehen“ (Johannes 14,8-9). Die Heilige Schrift sagt im Buch Genesis: „Und Gott schuf den Menschen nach Seinem eigenen Bild, nach dem Ebenbild Gottes schuf Er ihn“ (Genesis 1,27). Und so, in diesem Bild Gottes, das einst dem Menschen durch die Schöpfung gewährt wurde offenbarte sich Gott den Menschen im Angesicht Seines Sohnes den Menschen.

Darüber hinaus segnete unser Herr Jesus Christus die Erschaffung seiner Bilder Selbst, indem Er den Menschen Seine ersten Bilder schenkte – Ikonen. Die Heilige Tradition erzählt uns, wie König Abgar, welcher während des irdischen Lebens des Herrn Jesus Christus in der syrischen Stadt Edessa regierte, schwer an Lepra erkrankte. Als er hörte, dass der große „Prophet und Wundertäter“ Jesus, welcher von dem Königreich Gottes lehrt und jede Krankheit heilt, in Palästina ist, glaubte Abgar an Ihn und schickte seinen Hofmaler Ananias, um Jesus einen Brief mit einer Bitte um Heilung zu übergeben und ein Porträt von Jesus zu malen. Als der Maler beim Herrn Jesus Christus ankam, konnte er sein Porträt „wegen der strahlenden Brillanz seines Gesichts“ nicht malen. Daraufhin nahm der Herr ein Stück Stoff vom Künstler, legte es auf Sein (göttliches) Gesicht und durch die Kraft der Gnade erstand Sein Abbild auf dem Tuch. Nachdem Abgar dieses heilige Bild erhalten hatte – die erste, von dem Herrn Selbst erschaffene Ikone, küsste er diese mit Glauben und für seinen Glauben erhielt er durch die Gnade Gottes Heilung.

Als dann der heilige Apostel Thaddeus, einer der siebzig Jünger, nach Edessa kam, um das Evangelium zu predigen, nahmen Abgar und alle Einwohner von Edessa das Sakrament der Taufe an und wurden Christen. Abgar schrieb auf den Stoff des nicht von Hand gemachten Bildes die Worte: „Christus, Gott, alle, die auf dich hoffen, werden sich nicht schämen“, schmückten es und legte es in eine Nische über den Stadttoren. Im Jahr 630 nahmen die Araber Edessa in Besitz, aber sie störten nicht die Verehrung des nicht von Hand gemachten Bildes, dessen Bekanntheit sich im ganzen Osten ausbreitete. Im Jahr 944 erkaufte sich Kaiser Konstantin Porphyrogennetos das Abbild von dem damaligen muslimischen Herrscher von Edessa Emir und verlegte es in die Hauptstadt der Orthodoxie, Konstantinopel.

In der gesamten Geschichte seines Daseins, vor der Besetzung durch die Ketzer-Kreuzfahrer und dem Verschwinden zusammen mit dem Schiff während eines Sturms im Marmarameer (1204-1261), war das Abbild berühmt für seine unzähligen Wunder, welche ihm weltweit Hochachtung verschafften. Viele Kopien der Ikone wurden zu verschiedenen Zeiten  angefertigt, und viele dieser Kopien wurden auch durch Wunder und Heilungen verherrlicht. In Russland ist das heilige, nicht von Hand geschaffene Abbild seit der Antike eines der am meisten verehrten Bilder des Herrn Jesus Christus.

Neben dem Abbild, das der Herr Abgar gegeben hatte, ist der ganzen Welt das Abbild des Herrn Jesus Christus auf dem Heiligen Grabtuch bekannt, das bis heute erhalten bleibt und in der italienischen Stadt Turin aufbewahrt wird. Das Leichentuch ist ein Stück Stoff, in das nach jüdischer Sitte der Körper des Herrn Jesus Christus, Welches vom Kreuz genommen und in den Sarg gelegt wurde, gewickelt wurde (ein Sarg war bei den Juden zu dieser Zeit eine mit einem Stein bedeckte Höhle). Zum Zeitpunkt der Auferstehung des Herrn Jesus wurde durch die Wirkung der Gnade des Heiligen Geistes das Abbild des Leibes des Herrn Jesus Christus auf den Stoff des Leichentuchs gedruckt. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde das Heilige Leichentuch wiederholt von Gelehrten aus verschiedenen Ländern der Welt untersucht, und eine absolute Mehrheit der Gelehrten war der Meinung, dass in das Leichentuch wahrlich der Körper des Herrn Jesus Christus gewickelt worden ist. Einige der Gelehrten, die an der Studie des Heiligen Grabtuchs beteiligt und zuvor Materialisten waren, glaubten an den Herrn Jesus Christus und nahmen die Taufe an.

So ist es aus den obigen Beispielen nicht schwer zu verstehen, dass Gott, der Sich uns im sichtbaren Bild offenbart hat – in Seinem Sohn, Herrn Jesus Christus – und uns Seine ersten Abbilder gab – Ikonen, uns gesegnet hat, Ihn in handgemachten Ikonen darzustellen und als Zeugnis seines Segens diesen handgemachten Ikonen die gnädige Kraft verliehen hat, den Christen, die mit Glauben zu ihnen kommen, Wunder und Heilungen zu vollbringen.

Die ersten Ikonen – Porträts der Muttergottes wurden vom Apostel und Evangelisten Lukas direkt mit Ihr gemalt. Insgesamt wurden vom Apostel und Evangelisten Lukas etwa 120 Ikonenporträts der Muttergottes geschrieben, von denen einige bis heute erhalten sind. In fast jeder Kirche gibt es eine verehrte, besonders geachtete Wunderikone der Allerheiligsten Mutter Gottes.

Neben den Bildern des Herrn Jesus Christus und seiner allheiligen Mutter gibt es auch Ikonen der Feste und der Heiligen.

Die „Feiertags“ – Ikonen zeigen alle Hauptereignisse aus der Heiligen Geschichte: die Geburt Christi, Taufe Christi, Verkündigung der Jungfrau Maria, Auferstehung Christi und andere. Diese Ikonen wurden auch als „Bibel für Analphabeten“ bezeichnet, weil Analphabeten die Geschichte des Evangelium visuell studierten und sich der göttlichen Offenbarung anschlossen.

Die Ikonen zeigen Erzengel, Schutzengel, Heilige Propheten, Apostel, Märtyrer, Gerechte und Narren in Christi – also alle die im ihren irdischen Leben Christus gedient haben und die jetzt im Himmel für uns beten.

Ein orthodoxer Christ sollte wissen, dass er nicht eine Tafel oder eine Leinwand mit Farben verehrt, sondern Gott, Welcher  darauf dargestellt ist. Christen beten nicht die Ikone an, sondern verehren sie als Schrein, als sichtbares Bild des unsichtbaren Himmels, als Fenster in das Reich Gottes, durch das wir den Herrn, die reinste Muttergottes und seine Heiligen sehen.

Das Schreiben von Ikonen wird von speziellen Kirchenkanonen begleitet. Die Personen, die Ikonen schreiben, werden Ikonenmaler genannt. Es ist auch notwendig zu wissen, dass ein Bild, um eine heilige Ikone zu werden, also ein Werkzeug für die Kommunikation mit den Bewohnern des Himmelreichs, von einem orthodoxen Bischof oder Priester geweiht werden muss, indem spezielle Gebete gelesen werden und die Ikone mit Weihwasser gesegnet wird.

Zum Zeitpunkt der Weihe wird die Ikone mit der Gnade des Heiligen Geistes geweiht, Welche die Ikone heilig macht, also zu einem Abbild, durch welches wir auf das darauf abgebildete Urbild Zutritt haben.